Kelkheim 1938 - 3
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IN ARBEIT
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HK, Samstag, 26. Februar 1938, S. 3 {*1}
[Vorbemerkung zur Dokumentation: Der folgende Artikel ist im Original
zweispaltig gesetzt. Die Übertragung bemühte sich, wie immer, um zei-
chengetreue Wiedergabe, allerdings mit der Ausnahme, daß Zeilenbruch
und Worttrennungen aufgelöst wurden. Außerdem wurden Fußnoten einge-
fügt. Durch diese Art der dokumentarischen Umsetzung entsteht notge-
drungen unter Umständen ein gehöriger Flattersatz, er muß in Kauf ge-
nommen werden.]
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Die Kelkheimer Stadt= und Ausstellungshalle wird gebaut
Fertigstellung bereits im Juli d. Js. [des Jahres]
b. {*2} Als im vergangenen Jahr die Kelkheimer Möbelmesse
eröffnet wurde {*3}, kündete der stellvertretende Bürgermeister
S e e b o l d [Seebold] {*4} den alsbaldigen Bau einer Volkshalle an,
die auch in Zukunft den alljährlichen Möbelausstellungen dienen soll.
Der Bau stellt seit vielen Jahren eine Notwendigkeit dar, denn die
außerordentlich stark besuchten [Text: starkbesuchten]
Möbelausstellungen mußten in mehreren Wirtschaftssälen {*5} weit
voneinander [Text: voneinannder] gelegen untergebracht werden. Für die
zahlreichen Interessenten war so mit dem Besuch der Ausstellung ein
gewisser Umstand verbunden, ferner fehlte es an einem einheitlichen
Bild.
Es lag daher im größten Interesse der in der ganzen Welt bekannten
Kelkheimer Möbel=Industrie mit ihren 130 {*6} Schreinereibetrieben,
daß der Bau einer Ausstellungshalle schnellstens verwirklicht werde.
Der stellvertretende Bürgermeister und Ortsgruppenleiter Seebold rief
im Januar dieses Jahres einen Bau= und Verkehrsverein ins Leben,
dem bereits der größte Teil der Kelkheimer Gewerbetreibenden beigetreten
ist. Der Bau= und Verkehrsverein setzte sich mit den behördlichen
Stellen in Verbindung und arbeitete eifrig an dem für das Wohl und Wehe
der gesamten Einwohnerschaft so wichtigen Projekt. Vor allem galt es,
die Mittel für einen derartigen Bau, der natürlich bedeu=
[Spalte 2]
tende Ausmaße erhält, sicherzustellen und das ist gelungen.
Es steht nun fest, daß die Stadt= und Ausstellungshalle nach einem
Entwurf von Kreisbaumeister A st h e i m e r [Astheimer] {*7} noch in
diesem Jahre erbaut wird. Für Ende März ist der Baubeginn mit dem
feierlichen ersten Spatenstich in Aussicht genommen. Bereits im Juli
gedenkt man die Halle ihrer Bestimmung übergeben zu können. Als Platz
wählte man das Gelände zwischen der Schule und dem Wasserwerk {*8}.
Eine neue, noch zu erbauende Verbindungsstraße wird vom Bahnhof aus
direkt zum Halleneingang führen und so die fremden Besucher auf
kürzestem Wege an Ort und Stelle führen.
Es entsteht eine freitragende Halle in einer Größe von 55X26 Meter.
In ihrem Inneren ist eine Bühne vorgesehen, die so abgeschlossen werden
kann, daß sie für kleinere Veranstaltungen einen besonderen Raum bildet.
Für die alljährlich einmal stattfindende, etwa 9 Tage währende
Möbelmesse kann der Raum durch Einschiebung von Wänden in einzelne
Abteilungen gegliedert werden {*9}.
Die Halle soll aber nicht nur Ausstellungszwecken dienen, sondern
auch für alle anfälligen Veranstaltungen der Partei, ferner als Turnsaal
für die nahe Schule und für die örtlichen Vereine zur Verfügung
gestellt werden [*10}. Der unmittelbar dahinter liegende große Turn= und
Festplatz gestattet es, hier im Sommer Veranstaltungen größten Stils
aufzuziehen. Der Platz und die Halle werden genügend groß sein, um auch
die Einwohner von Münster und Hornau aufzunehmen, die bekanntlich am 1.
April zu Kelkheim eingemeindet werden. —— Mit dem Bau dieser Stadthalle
geht ein jahrelanger Wunsch der gesamten Kelkheimer Einwohnerschaft in
Erfüllung {*11}, der sich auf die Möbelindustrie {*12} der zukünftigen
Stadt Kelkheim in vorteilhaftester Weise auswirken wird.
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Textvergleich(e): 5 (30.4.2014, 3.9.2017, 8.9.2017, 15.9.2017,
27.12.2018)
{*1} Ankündigung: HK, Donnerstag, 24. Februar 1938, Rubrik: Aus
dem Main=Taunus=Kreis
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Kelkheim.
[...]
b. {*a} Die Ausstellungshalle wird gebaut. Am Donnerstagabend
findet hier eine Sitzung statt, in der endgültig über den
bereits festgelegten Bau einer Stadt= und Ausstellungshalle
verhandelt wird. In einer kürzlich stattgefundenen Versammlung
der Interessenten wurde der Bau schon beschlossen; auch über die
finanziellen Angelegenheiten sind bereits die Verhandlungen
eingeleitet. Wir werden noch ausführlich über die für die
Taunusmöbelindustrie und das ganze Wirtschaftsleben höchst
bedeutungsvolle Angelegenheit berichten.
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Textvergleich(e): 3 (17.1.2019)
{*a} Heinrich Bauer (Vater war Heimatmaler)
{*2} Siehe oben Fußnote {*a}
{*3} 8. Möbelschau in Kelkheim im Taunus, 31.10. bis 7.11.1937
(siehe u.a. HK, 1.11.1937, S. 7, Übertragungen in Vorbereitung):
"8. Kelkheimer Möbelschau noch besser wie zuvor
Fünf Säle voll handwerklicher Qualitäts=Erzeugnisse ——
Errichtung einer großen Volkshalle für die Ausstellung geplant
[...]
Bürgermeister=Stellvertreter S e e b o l d [Seebold] kam [als
letzter Redner einer Ideologengalarevue] zum Schluß [...] auf
die Notwendwendigkeit der Errichtung einer großen Ausstellungs-
halle zu sprechen, die als Volkshalle der ganzen Gemeinde zur
Verfügung stehen soll. Zu diesem Zweck soll eine Genossenschaft
gegründet werden {*a}. Er hofft, daß im Frühjahr 1938 mit dem
Bau begonnen werden kann und bat um allgemeine Unterstützung
dieses Plans [...]".
Was er, der NSDAP-Ortsgruppenleiter als Hoheitsträger, offenbar
nicht wußte oder in der Euphorie der Zeit in seiner Tragweite
nicht einschätzen konnte, war, daß sein gerade abgedankter Bür-
germeister, der Pg Jakob Rittgen, bereits Anfang 1937 Mobilisie-
rungspläne in der Schublade hatte und diese eiligst und verdeckt
nach Bad Soden "hinüberrettete" (Weiteres in Vorbereitung, zu
Rittgen siehe andernorts).
{*a} Genossenschaft: Im Führerstaat eigentlich eine nicht nahe-
liegende Begrifflichkeit. Als Quellen für die Formulierung
dürften die in Kelkheim überall spürbare Grundlageneminenz
der Dichmann (FAMILIEN!-)AG und die Doktorarbeit des Leon-
hard Dichmann von 1927 mit ihrer Favorisierung der Genos-
senschaft eher in Frage kommen als die wörtliche Bedeu-
tungsnähe zum NS-Wortpaar Partei- und Volksgenosse.
{*4} Georg Seebold 5. (zu ihm siehe andernorts)
{*5} Siehe andernorts (in Vorbereitung)
{*6} Kelkheim und seine Möbelwerkstättenblase im Dritten Reich
Moderholz
Angaben zur Anzahl der Schreinereien (Schwulstbegriff in Bran-
chenverzeichnissen: "Schreinereibetriebe") auf der einen Seite
und der Möbelwerkstätten auf der anderen schwanken je nach In-
formant erheblich. Meist sind frappierende Überhöhungen im
Spiel. Als Gründe dafür kommen etliche in Betracht. Zunächst
hängen derartige Angaben selbstverständlich sehr von der Defini-
tion ab, was ein "Schreinereibetrieb" oder eine "Möbelwerk-
stätte" eigentlich ist bzw. war. Gehören dazu oder wo gehören
hin z.B. Polsterer, Drechsler, (Holz-)Bildhauer, Wagner, (Mö-
bel-)Glaser, Kistenmacher, Sarg-, Bauschreiner, (Holz-)Bettge-
stell-, Rolläden-, Gartenzäune-, Leistenhersteller, Innenausbau-
und Zimmereigeschäfte sowie unter Umständen sogar Zulieferer
(Sägewerke, Sperrholz-, Furnierhersteller und -handlungen,
Schreinerbedarfsartikelgeschäfte {*a})? Auch ist zu fragen,
unter welche Rubrik beispielsweise Regal- und sogenannte Klein-
möbelhersteller fallen, oder auch, wo eine Büromöbelfabrik wie
die Dichmann AG einzugruppieren sei, die sich wechselnd Holz-
bearbeitungsbetrieb, -werk oder -fabrik nannte und die u.a.
Leisten und Furniere aller Art herstellte - nicht nur für sich,
sondern damit alle Welt belieferte. Schließlich gibt es auch
noch den Begriff "Tischler", was hat es denn mit dem auf sich?
An eine heute sehr spezielle Schreinerfachrichtung wird man im
Übrigen kaum in diesem Zusammenhang denken, aber sie gehört
wenigstens hier genannt, ein Beruf, der unter etlichen Bezeich-
nungen lief: gemeint ist der Böttcher, Büttner oder Küfer. Prak-
tisch jedermann brauchte oder vewendete damals irgendetwas von
ihm: Kannen, Waschzuber, Tonnen, Bottiche, Kraut-, Butter-,
Äbbelwoi-Fässer und dergleichen mehr. Doch im Kelkheim der
1930er und 1940er Jahre war dieses so langsam aussterbende Hand-
werk offenbar schon eine Rarität, jedenfalls ist bisher nur ein
einziger Ausübender dieser Zunft gefunden worden, er wirkte in
Münster: Anton Schnädter, Landwirt und Küfer, Frankfurterstraße
117 (MTK-A 1939, 1950 und 1952). In den drei genannten Adreß-
büchern taucht er in den Branchenverzeichnissen nur 1952 auf und
zwar unter "Küfereien", 1939 ist er nur im Einwohnerteil zu fin-
den, aber immerhin mit der alleinigen Berufsbezeichnung "Küfer",
1950 und 1952 steht er im Einwohnerverzeichnis dagegen nur als
"Landwirt" (in den Frankfurter Kelkheim-Verzeichnissen 1930 bis
1943 ist er nicht genannt).
{*a} Denn es war nicht ungewöhnlich, daß derartige Betriebe mehr
oder weniger nebenbei Möbel, zumindest Kleinmöbel (Regale,
Tische usw.) herstellten; zudem ist - schon allein durch
Anzeigen - für das Sägewerk Diehl in der Rossertstraße 15
eine Möbelfabrikation nachgewiesen, und zwar im Zusammen-
hang mit anderen um das Sägewerk gescharte Diehls, dabei
so etwas wie einen Schreinerfamilienverbund bildend.
Der "Billiardschreiner" Lutz
Und wo soll man denn einen Schreiner wie Nikolaus Lutz, Taunus-
straße 9, einordnen? In den Frankfurter Adreßbüchern 1930 und
1931 (jeweils Abteilung Kelkheim {*a}) wird er als "Schreiner"
bezeichnet, im Dritten Reich aber firmiert er in diesen Adreß-
büchern ab 1937 und bis 1943 als einziger Eintrag unter "Bil-
lardfabriken" {*b} (natürlich jetzt: Adolf-Hitler-Straße 9),
wobei zu ergänzen ist, daß es sich, geurteilt nach den Ein-
drücken aus der Nachkriegszeit, um eine eher kleine Werkstatt
handelte.
In Kleipa 1999, S. 24 (Foto von 1933, Kleipas Datierung), steht
demgegenüber auf dem Geschäftsschild: MÖBELLAGER [/] LUTZ - BEN-
DER. Heißt das Möbelschreinerei? Heißt das Co-Betrieb, viel-
leicht unter Lutz' Leitung? In den oben genannten Frankfurter
Adreßbüchern von 1930 und 1931 sieht die Sache wie folgt aus:
Lutz ist, wie oben angegeben, als "Schreiner" genannt, Philipp
Bender hingegen als "Schreinerei", und Bender findet man dann
auch dementsprechend in den Jahrgängen 1932 bis 1939 in den
Branchenverzeichnissen der gleichen Publikation unter "Schreiner
(Möbel=)". Lutz hingegen (der in die Firma Bender eingeheiratet
hatte) ist in diesen Branchenauflistungen bis inklusiv 1936
nicht angegeben, dementsprechend ist er natürlich auch unten in
der Aufstellung für 1935 nicht enthalten, Bender allerdings, wie
gesagt, sehr wohl.
Im repräsentativen MTK-Adreßbuch 1939 sind überraschenderweise
beide im Branchenteil nicht geführt und also auch unten nicht in
der Aufstellung für 1939 enthalten. Gelistet sind beide aber im
Einwohnerverzeichnisteil dieser Publikation, doch Philipp Bender
(vielleicht schon in Rente) nurmehr als "Schreiner" (Adolf-Hit-
ler-Straße 18, Druckfehler, richtig: 13) und so auch Nikolaus
Lutz, dieselbe Adresse wie sein Schwiegervater (zur Nachkriegs-
situation: der Eintrag zu Lutz im MTK-A 1950 und 1952 lautet
Altkönigstraße 13, Schreinermeister, doch steht er 1950 nur im
Einwohnerverzeichnis, anders 1952: hier auch im Branchenver-
zeichnis und zwar unter der Rubrik "Schreinereien"; Philipp
Bender ist im MTK-A 1950 nicht mehr angeführt, dafür nun seine
Frau: Eva Bender, Witwe, Altkönigstraße 13; beachte zu Adolf-
Hitler-Straße 13: "13" ist nur eine Umnumerierung von "9" zu
"13", derlei erlebte die linke Seite der Taunusstraße/Adolf-Hit-
ler-Straße des öfteren).
{*a} Das sind "Einwohnerverzeichnisse", doch eigentlich sind sie
integrierte Haushaltungen- und Firmenverzeichnisse, frühere
greifbare Kelkheim-Verzeichnisse existieren offenbar nicht.
{*b} Beachte: Ab 1932 sind die den Frankfurter Adreßbüchern
beigegebenen Umlandverzeichnisse nur noch reine Branchen-
verzeichnisse.
Jahrgang 1943 ist für Frankfurt zunächst das letzte Adreß-
buch, die Abteilung Kelkheim läuft damit ganz aus. Das
erste Frankfurter Nachkriegsadreßbuch erschien erst 1949.
Frankfurter Adreßbücher
Weiteres zur Definitionsfrage
Nach dem Krieg war es als Kind überhaupt kein Zufall beim Ver-
steckspielen in Scheunen und Schuppen verlassene, dick ver-
staubte, von Spinnweben umkränzte Hobelbänke vorzufinden, denn
die Paarung Stall und Hobelbank war einst eine Lebensgrundaus-
stattung.
Und dieses Bemerken einer Sachlage hat natürlich auf die gewich-
tigen Fragen Auswirkungen: Was überhaupt ist ein Betrieb? Welche
gewerbesteuerlichen Eingruppierungen spielen bei der Einordnung
eine Rolle oder unter Umständen auch: welche (personelle) Min-
destgröße macht auf dem Gebiet der Möbelschreinerei einen Be-
trieb aus? Wie zu erwarten, tun sich hier bei der Beantwortung
erneut Schwierigkeiten auf, denn allein die personelle Bandbrei-
te war sehr weit, sie reichte vom "Nebenerwerbschreiner" über
den Ein- oder Zweimannbetrieb (mit Lehrling und/oder Gehilfe/
"Tagelöhner") bis zur Dichmann AG mit Mitte der 1930er Jahre
etwa 300 bis 350 Arbeitern und Angestellten ("Gefolgschaftsan-
gehörigen", so der NS-Begriff; HK, 2.6.1934, S. 7: 240, 14.3.
1939, S. 8: 360 "Gefolgschaftsangehörige").
Ein Überblick wird auch sehr beeinflußt durch die zahlenmäßig
(wenn auch nicht allzu gravierend) zu Buche schlagende Änderung
der Verhältnisse nach der NS-Eingliederung der Orte Hornau und
Münster.
Völlig neue Verhältnisse entstanden im Krieg durch Personal-
und Materialmangel, Einstellung bzw. Zuteilung von Kriegsge-
fangenen und Zwangsarbeitern (w/m), Produktionsstillegungen
oder Umstellungen auf Rüstungsgüter (z.B. Bretter und Kisten
aller Art, bekanntestes Produkt: Munitionskästen), aber es
wurden auch hochwertige Furniere und scheinbar auch furnierte
Möbel oder massive Kleinmöbel angefordert (Informationen hier-
zu zu bekommen, ist sehr schwierig).
Schließlich noch zum Thema Schreiner und "alle Holzwaren für
Haus, Küche und Geschäft" eine treffliche Annonce aus dem
Höchster Kreisblatt (9.5.1933, S. 8).
Leiterwagen
Kastenwagen, Schubkarren, einzelne
Räder, Deichseln, Stehleitern für Haus
und Geschäft, Haar= und Drahtsiebe,
Bügelbretter, Kuchenbretter, Faßkrahne,
Faßspunde, Kegeln und Kugeln, Fahnen=
stangen, Fahnenknöpfe und =spitzen sowie
alle Holzwaren für Haus und Küche
liefert billigst
Franz Kranz
Holzdreherei
Frankfurt=Höchst
Storchgasse 22
Monströser Briefkopf
Der amtliche - graphisch gestaltete - Briefkopf der Gemeinde
Kelkheim lautete vor dem am 1.4.1938 beginnenden Stadtstatus
jahrelang (und wurde so auch nach der nationalsozialistischen
Erhebung zur Stadt ohne Änderung beibehalten):
Kelkheim im Taunus / Qualitäts-Möbel [/] Hauptsitz der Möbel-
Industrie / Ca. 130 Möbelwerkstätten mit mechanischem Betrieb
Sachliche Bescheidenheit sieht anders aus, wobei grotesker- und
bezeichnenderweise die Nebelkerze "mit mechanischem Betrieb" ein
Anachronismus ist, denn - um ein Beispiel herauszugreifen - nur
mit der Hobelbank allein arbeitete in dieser Zeit kein einziger
selbständiger Schreiner mehr. Selbst der kleinste hatte drei
Heiligtümer: seine Hobelbank, seine Holz(bretter)stöße {*a} -
und seinen Maschinenraum (genau der stand in Leonhard Dichmanns
betriebswirschafticher Doktorarbeit aber in Frage: warum diese
Kosten, warum keine Genossenschaften, warum keine Anschaffungs-
aufteilung? - Ist das abgehobene Mathematik der Betriebswirt-
schaftslehre?)
{*a} Zu (Massiv-)Holzstößen: Die hohe Woge des neuen industri-
ellen Zeitalters schwappte etwa um die Jahrhundertwende
über das Schreinerdasein, eigentlich brach ein "Talmi-Zeit-
alter" an, zunächst mit Furnier auf Sperrholz, ab Mitte der
1930er Jahre dann zusätzlich mit Furnier auf Spanplatte
("Resteplatte", so könnte man diese nennen).
Die Holzstöße wurden dennoch mit viel Wehmut und Nostalgie
gehegt und behütet, und vielleicht manchmal, dem Traditi-
onsgemüt folgend, zum Trotz noch angeschafft. Nach dem
Krieg war jedenfalls zu beobachten, daß die mit großer
Sorgfalt aufgestapelten Stöße - nicht nur aus Gründen der
Trocknung - oft sehr lang, oft jahrelang unangetastet blie-
ben. Dennoch: Begüterte mögen es exklusiv, eben massiv
- ein Beitrag aber zur Erdeerhaltung ist das nun nicht ge-
rade.
Stapelung mit großer Sorgfalt konnte bedeuten: Bretter vom
Sägewerk (z.B. Diehl, Rossertstraße) zwecks Erhaltung einer
einheitlichen Maserung stammweise mit Rinde/Borke zu be-
ziehen. Sie wurden dann, wie üblich, um eine gute Durch-
lüftung zu gewähren, mit Hilfe von Abstandleisten gesta-
pelt; unter Umständen sogar einige "Stämme" übereinander.
Schutz gegen Regen lieferte eine Abdeckung.
Auf dem einstigen Gelände der Dichmann AG standen z.B. zwi-
schen Mühlstraße und Klosterberg, hinter der etwa 60 Meter
langen, gut zwei Meter hohen, roten Backsteinmauer nahezu
unzählbar viele "Holzstöße" aller Art in Reih und Glied
(allerdings "schnitt" die Firma Dichmann selbst).
Der eigentliche Zweck der Briefkopfformulierung aber war, Kon-
kurrenten auszustechen, allen voran Höchst, zahlenmäßig reich
bestückt, u.a. mit dem - ein eigenes Säge- und Furnierwerk be-
treibenden! - Möbelgroßunternehmer Wesner. Und hierfür war die
Angabe "ca. 130" wie die Faust aufs Auge gedacht, aber ihre er-
hebliche und typische Aufgeblasenheit tritt sofort deutlich zu
Tage, wenn man sich die Adreßbücher anschaut.
(Auch half sich dieser Verf. weiter, indem er einen virtuellen
Spaziergang durch die Straßen unternahm, einen gedanklich in die
Zeit um 1950 zurückversetzten, als schon wieder eine spürbare
Nachfrage aufgekommen war.)
Adreßverzeichnisse: Nüchternes Zusammenzählen
1935 (Ffm-A 1935 Kelkheim, nur Kelkheim-Mitte): 84
Existiert nur als Branchenverzeichnis.
Keine Doppelnennungen entdeckt.
Berücksichtigte Rubriken (weitgefaßte Relevanz):
Drechsler 1
Holzbildhauer 2
Möbelfabriken 16
Möbelwerkstätten 35
Polstermöbel 3
Schreiner (Bau=) 1
Schreiner (Möbel=) 23
Stuhlfabriken 2
(darunter: Escher & Co, Strzoda!)
Wagner 1
(Schmer, siehe unten)
1939 (MTK-A 1939, Kelkheim, Münster, Hornau zusammen): 104
Abteilung Branchenverzeichnis
Keine Doppelnennungen
Berücksichtigte Rubriken (weitgefaßte Relevanz):
Bildhauereien 3
Holzbearbeitungswerk (Dichmann AG) 1
Schreinereibetriebe 94
Stuhlbauerei 1
Wagnereien 2
(darunter: Adam Schmer, Mühlstraße 4,
fertigte, zumindest nach dem Krieg,
auch Kleinmöbel, vielleicht nur auf
Anfrage, besaß aber einen offenbar gut
ausgestatteten Maschinenraum)
Polstermöbel, Rubrik fehlt
(= mindestens 3, in der Summe 104 enthalten)
Beachte: Die eine oder andere kleine Schreinerei (bzw. Möbel-
werkstätte) mag in den Branchenauflistungen fehlen. Auch
herrschte damals eine gewisse, allerdings sehr langsame, kaum
merkliche, Fluktuation, ein Eröffnen und Vergehen also. Doch
signifikante Abänderungen der Summen sind dadurch nicht zu er-
warten. Neue Erkenntnisse werden sofort eingefügt.
Mehr zum Thema bei Gelegenheit, mit Quellenvergleichen und Lite-
raturdiskussion, z.B. Leonhard Dichmann, Die Möbelschreinerei
im Vordertaunus, 1927, und Siegfried Gerlach, Gewerbe- und
Wohnvorortfunktion als siedlungsprägende Faktoren im Frankfur-
ter Raum, 1965 (beide Arbeiten sind Frankfurter Dissertationen,
Gerlachs Abhandlung ist für 1965 wirtschaftlich reichlich naiv
und unbedarft, nebenbei: auf Seite 77 ist dem Autor eine Tabelle
durcheinander geraten).
Außer Konkurrenz:
1950 (MTK-A 1950, Kelkheim, Münster, Hornau zusammen): 110
Abteilung Branchenverzeichnis
Bildhauer 2
Möbelfabriken 35
Schreinereien 76
Verdopplungen zu Möbelfabriken - 10
Polsterwaren 4
Wagnereien 3
(darunter: Schmer, siehe oben)
Beachte: Die vollständige Durchsicht erbrachte, daß zwischen
den beiden Rubriken "Möbelfabriken" und "Schreinereien" zehn
Doppelnennungen bestehen; bei den anderen Rubriken ergab sich
keine Verdopplung.
Fazit: Es zeigt sich, die oben angegebene Zahlenaussage fürs
Dritte Reich gälte im Prinzip noch 1950, in etwa so: 90 + 10
+ 10.
Auch Fischbach ist interessant, allein schon deswegen, weil in
der am 14.11.2018 von der Stadt Kelkheim veranstalteten Lesung
aus ihrer Publikation "Kelkheim in der Zeit des Nationalsozia-
lismus" die Mitautorin Monika Öchsner trotzig-stolz die verblüf-
fende (aber altbekannte) Angabe verkündete, es hätte im Dritten
Reich in Fischbach 40 Schreinerbetriebe gegeben. Empfehlung: Man
sollte nicht auf Propaganda reinfallen. In den Rubriken "Möbel-
fabriken" und "Schreinereien" ergeben sich nämlich im MTK-A 1950
nach Abzug der Verdopplungen lediglich elf Betriebe (merke: ALLE
acht "Möbelfabriken" tauchen auch unter "Schreinereien" auf,
nebenbei: da gehören sie, die Möbelfabrikchen, auch hin). Durch
andere Rubriken läßt sich diese Zahl leider nicht erhöhen.
Das MTK-A 1939 enthält für Fischbach nur ein sogenanntes Einwoh-
nerverzeichnis (Haushaltungen), ein weiteres Fischbach-Ver-
zeichnis der Zeit ist bisher nicht entdeckt worden. Doch die 11
Betriebe von 1950 sind auch 1939 in der besagten Einwohnerliste
angeführt. Eine genaue Durchsicht erfolgt bei Gelegenheit, bis
jetzt wurde nur ein weiterer Betrieb gefunden, wie auch immer,
für Öchsners Angabe "40" sieht es schlecht aus, sehr schlecht.
Jedenfalls wird im MTK-A 1939 die Einwohnerzahl 1302 angegeben,
das ist ungefähr die Größenordnung von Münster (größer) oder
Hornau (kleiner), und man bedenke auch: das damalige Fischbach
bestand, im Überblick gesehen, aus einer Straßenkreuzung: Kelk-
heimerstraße/Langstraße/Ruppertshainerstraße - Eppsteinerstraße/
Königsteinerstraße (diese beiden Straßen waren aber im Gegensatz
zur Längsachse nur eine kurze Strecke weit bebaut gewesen), dazu
kommen noch drei oder vier kurze Gassen, das war's im Wesent-
lichen; zu Kelkheimer Einwohnerzahlen von 1937/1938 siehe unter
Themen: Dokumentation dreier Karteikarten aus dem Dritten
Reich).
{*7} Zu Astheimer siehe unten
{*8} Zur Planskizze siehe unten
{*9} Weder der Plan der abgeschlossenen Bühne noch die Abtrennungen
wurden schließlich realisiert. Realisiert wurde eine Empore mit
Trennwänden zum Saal hin, so daß auf der Empore abgesondert
Veranstaltungen stattfinden konnten, z.B. Stadtverordnetensit-
zungen (wie dieser Verf. das in den 1950er Jahren, unten in der
Halle Tischtennis spielend, erlebte).
{*10} Es fehlt in dem etwas verformulierten Satz der Hinweis auf kul-
turelle Zwecke wie Konzert-, Tanzveranstaltungen, Bunte Abende,
Theater.
{*11} "Wunsch der gesamten Kelkheimer Einwohnerschaft" ist eine typi-
sche zweckorientierte politische und wirtschaftliche Phrasen-
projektion.
{*12} "Möbelindustrie": Phrase (siehe Fußnote 11), dergleichen wird
noch zu diskutieren sein.
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HK, Samstag, 18. Juni 1938, S. 9
Vorbemerkung: "Stadthalle", so lautete, wie oben nachzulesen, schon
früh die damals geplante Halle, auch wenn hier in den beiden folgenden
Artikeln nur von "Ausstellungshalle" die Rede ist. Wie auch immer, es
ist unschwer zu erkennen, die Nazi-Halle von einst gab die Vorlage ab
für die 1948/1949 erbaute, 1950 eingeweihte Stadthalle {*1} (Weiteres,
zur Bedeutung jeweils, zu den Vorstellungen der - teils gleichen, teils
nicht ganz gleichen - Bauherren, in Vorbereitung).
→ »»
Ein neues Stadtviertel wird erschlossen
Der Plan zur Kelkheimer Ausstellungshalle
[3 Abbildungen: nebeneinander Vorderansicht und rechte Seitenansicht,
rechts darunter: geographische Planskizze]
SÜDWEST-GIEBELANSICHT.
[Das Hakenkreuz im Lorbeerkranz unter dem 3 Meter hohen "Hoheitsadler"
ist auf dem Archivträger (Mikrofilm) nur erahnbar wiedergegeben.]
SÜDOST- BZW. NORDWEST-LÄNGSANSICHT.
[Hier stark verkleinert wiedergegeben.]
Planskizze des neuen Stadtviertels um die Halle
3 Zeichnungen: Kreisbauamt.
[Anmerkung: Die drei Abbildungen sind Reproduktionen von Mikrofilm-
aufnahmen. Sie entstanden in drei Schritten: Mikrofilm-Kopie (PDF-
Datei), Übertragung auf Papierkopie, davon Scan (JPG-Datei). Um-
ständlicher und verlustreicher geht es kaum. Und da Mikrofilme in
der Regel nur eine notdürftige Wiederqualität aufweisen, mußte - das
gilt vor allem für die ersten beiden Abbildungen - erheblich bear-
beitet werden, dennoch bleibt insgesamt das Ergebnis hinter einem
vernünftigen Wiedergabestandard zurück; es ist aber zu hoffen, ir-
gendwann einmal bessere Vorlagen zur Verfügung zu haben.]
X {*2} Wie bereits bekannt, ist in Kelkheim die Errichtung
einer großen Halle vorgesehen, die in erster Linie für die alljährliche
Möbelausstellung gedacht ist. Selbstverständlich wird die Halle auch
anderen Zwecken zur Verfügung stehen, wie für Großkundgebungen und
sonstige Veranstaltungen. Da sie mit ihren 900 Quadratmeter[n] Fläche
rund 2000 Personen Raum bieten wird, ist es der größte Versammlungsraum
des Main=Taunus=Kreises, so daß damit ein Raum zur Verfügung steht, wie
er bisher im Kreis noch nicht vorhanden war. Der Plan der von
Kreisbaumeister A st h e i m e r [Astheimer] {*3} entworden wurde, ist
so gedacht, daß die Halle nach Bedarf auch weiter in südwestlicher
Richtung erweitert werden kann {*4}.
Die Halle wird in einer Länge von 45 Metern und einer Breite von 20
Metern errichtet auf dem Gelände hinter der Schule. Wie unsre Planskizze
erkennen läßt, wird durch den Hallenbau ein neues Stadtviertel
erschlossen, denn es ist damit zu rechnen, daß dort wegen der günstigen
Lage auch bald eine lebhafte Bautätigkeit einsetzt. Gedacht ist die
Anlage einer Straße, die vom Bahnhof aus direkt auf die Halle zuführt,
der Ausbau, bezw. die Verlängerung der Schulstraße und die Anlage einer
weiteren Straße von der Hornauer Straße aus hinter der Halle und am
Wasserwerk vorbei. Ebenfalls ist ein großer Parkplatz hinter der Halle
vorgesehen, da sich bei den bisherigen Ausstellungen, die bekanntlich
in vier Sälen durchgeführt werden mußte[n], die Verstopfung der Straßen
durch die Wagen auswärtiger Besucher oft unangenehm bemerkbar machte.
Durch den Hallenbau erhält Kelkheim auch eine repräsentative
Platzanlage, die ebenfalls zu Aufmärschen, Großkundgebungen usw. benutzt
werden kann.
[Spalte 2]
Die Höhe der Halle beträgt 12.60 Meter. Die Giebelseite enthält 6
Türen, damit auch beim stärksten Verkehr keine Stockungen entstehen.
Weitere Ein= und Ausgänge sind an den Längsseiten in der Mitte und an
den Treppenhäusern vorgesehen. Ein drei Meter hohes Hoheitszeichen der
nationasozialistischen Bewegung auf der Stirnwand gibt dem Aufbauwillen
im Staat Adolf Hitlers sinnfälligen Ausdruck.
Im Innern erhält die Halle rundherum eine Galerie von 5 Meter[n]
Breite, die ebenfalls für Ausstellungszwecke zur Verfügung steht. Im
Ziegeldach ist noch eine Fensterreihe als Oberlicht angebracht, so daß
der große Raum genügend Licht erhalten wird.
[Die Zeilen dieses Absatzes sind aus nicht ersichtlichem Grund durch-
gehend in einem größeren Wort- und Zeilenabstand gesetzt. Vielleicht
liegt aber auch ein Versehen des Setzers vor und die Maßnahme hätte
eigentlich dem Absatz zuvor gelten sollen.]
Der von außen massive Bau wird im Innern vollständig in Holz
ausgeführt, womit einerseits den Anforderungen des Vierjahresplans
genügt wird und auf der andern Seite der beherrschende Wirtschaftsfaktor
Kelkheims, die holzverarbeitende Industrie unterstrichen wird. Der
stattliche Hallenbau wird nach seiner Vollendung als erstes Bauwerk der
neuen Stadt Kelkheim einen Markstein in der Entwicklungsgeschichte der
Stadt bilden.
«« ←
Textvergleich(e): 5 (18.1.2016, 2.4.2017, 10.6.2017, 7.1.2024)
{*1} Nach Kleipa 1999 (S. 29) wurde die heutige Stadthalle am
10.6.1950 eingeweiht. Könnte es sein, daß es eine inoffizielle
(= provisorische) und eine offizielle Einweihung gab und daß
zur offiziellen diese Datierung gehört? Denn die Erinnerungen
dieses Verf. gehen mit der Datierung 1950 nicht konform. Nach
ihnen zu urteilen, stellt sich die Frage, ob schon im Dezember
1949 eine einführende Vorausnutzung stattfand. Ein weihnachtli-
cher bunter Abend, an dem u.a. nicht nur die Kelkheimer Turner-
elite teilnahm, sondern die gesamte Turnabteilung, meist Kinder
im Übrigen (darunter dieser Verf., der etwa zehn Jahre Sport in
der Stadthalle betrieben hat - so gut wie nur Tischtennis - und
weiß, daß sie anfangs noch keineswegs vollständig war, bei Gele-
genheit mehr darüber).
{*2} Autorensigel: Zwei gekreuzte Beile oder Äxte (stilisierte Helle-
barden?) = Ernst Schmeiser, Redaktionsmitglied des Höchster
Kreisblatts, verantwortlich für Lokales und Sport, Stellvertre-
ter des Hauptschriftleiters und nationalsozialistischen Chef-
Ideologen des Blatts: Richard Carl Engel, verantwortlich für
Politik, Verfasser zahlreicher "grundsätzlicher", glühender
NS-Artikel im HK. Bezug des Sigels zu Schmeiser ist gesichert
erschlossen (Informationen über die Redaktionsfunktionen nach
Impressum HK, 24.8.1938, S. 2).
{*3} Georg Astheimer, gest. 24.5.1941 (Biographisches, Arbeiten: HK,
27.5.1941, S. 3)
{*4}
{*5}
{*6}
{*7}
{*8}
{*9)
=======================+=======================
HK, Samstag, 25. Juni 1938, S. 3
→ »»
Tage nationalsozialistischer Willenskundgebung
Heute Beginn des Kreistags Main=Taunus/Obertaunus {*1}
X {*2} Das Wochenende steht im Zeichen des Kreistags der
NSDAP für den Großkreis=Main=Taunus/Obertaunus {*3}. Schon in den
vergangenen Jahren waren diese Kreistage ein starker Ausdruck der
inneren Geschlossenheit der Kreisbevölkerung in der Ausrichtung auf
das eine große Ziel: Deutschland. Für diesen inneren Wert einer
solchen Veranstaltung wird in diesem Jahr der äußere Rahmen noch
stärker in Erscheinung treten durch den partei=organisatorischen
Zusammenschluß der beiden Kreise Main=Taunus u. [und] Obertaunus,
der nun auch zahlreiche Volksgenossen aus den Städten und Dörfern
des früheren Nachbarkreises in das schöne Taunusbad führen wird {*4}.
Mehrere Sonderzüge und =omnibusse ermöglichen es den Teilnehmern,
Bad Soden leicht zu erreichen. Und sie werden gern herbeieilen,
um diesen Kreistag zu einem wuchtigen und starken Glaubensbekenntnis
für unsern Führer und seine Bewegung werden zu lassen.
Wie bereits mitgeteilt, wird das Veranstaltungsprogramm heute
nachmittag 17 Uhr mit der Eröffnung der Ausstellung "Die Kunst dem
Volke" im Turnsaal der Volksschule durch den stellv.
[stellvertretenden] Gauleiter Pg. L i n d e r [Linder] {*5}
eingeleitet. Um 20 Uhr folgt dann die kulturelle Abendveranstaltung
"Der große Krieg und die junge Front", in der der Dichter
und SA=Oberführer Hans Z ö b e r l e i n [Zöberlein] aus eigenen
Werken lesen wird.
Am Sonntag um 8.30 Uhr ist die Morgenfeier der Hitler=Jugend
"Gott ist nur mit starken Bataillonen" im Kurhaus und um 14.15 Uhr
findet im Kurpark die Großkundgebung statt. Von 16-18 Uhr werden
[richtig: wird] unter der Devise "Wir tanzen und spielen" von
kreiseignen Spiel=, Sing= und Tanzgruppen fröhliche Unterhaltung geboten
und in einer Großveranstaltung der NSG {*6} "Kraft durch Freude" um 20
Uhr im Kurhaus [unter dem Titel] "Frohsinn des Lebens" fortgesetzt.
Ab 18 Uhr beginnt dann auch das Kreisvolksfest auf dem Parkplatz
an der Kronberger Straße,
[Spalte 2]
zu dem sich zahlreiche Vergnügungsunternehmer eingefunden haben.
Auch am Montag wird das Volksfest ab 15 Uhr fortgesetzt.
[Spalte 3]
Es wird noch besonders darauf hingewiesen, daß zu allen
Veranstaltungen kein besonderer Eintritt erhoben wird.
Das Kreistagsabzeichen allein gewährt überall Zutritt.
[Spalte 2 und 3]
Das künstlerische und handwerkliche Schaffen im Kreise
Main=Taunus/Obertaunus
[1 Foto: Modell der geplanten Ausstellungshalle]
[Spalte 2]
Es ist im Kreisgebiet allmählich Brauch geworden, unsere
Kreisvolksfeste - heute Kreistag - mit einer Ausstellung zu
eröffenen. Die diesjährige Schau, die am Samstag, dem 25.
Juni 1938, nachmittags 17 Uhr, in der Turnhalle in Bad Soden
eröffnet wird, gibt einen Ueberblick über das künstlerische
und handwerkliche Schaffen im Kreis Main=Taunus u. [und]
Obertaunus. Durch die Zusammenlegung der beiden Kreise ist
die Zahl der Kunstschaffenden bedeutend größer geworden, was
sich auch in der Ausstellung selbst - die gegenüber den Vorjahren
an künstlerischem Wert alles weit übertrifft - bemerkbar macht.
Zur Ausstellung gelangen eine große Anzahl von Gemälden, unter
denen Landschaftsbilder aus dem Taunusgebiet überwiegen, sowie
Arbeiten in Holz, Stein und Bronze[,] auf dem Gebiet der Plastik,
ferner Pläne, lithographische Arbeiten, Radierungen und Stiche
aus dem graphischen Kunstgewerbe. Architekten zeigen
[Spalte 3]
Modelle auf dem Gebiet des Siedlungswesens, des Hallenbaues usw.
Bekannte Heimatdichter legen ihre Werke aus. Auf dem Gebiet des
Kunsthandwerks werden eine große Anzahl sehr guter Arbeiten ausgestellt,
wie Holzschnitzerei= und Kunstschlosserarbeiten.
Diese alljährlich wiederkehrende Ausstellung soll für die
Kunstschaffenden ein weiterer Ansporn sein, ihre Leistungen noch
weiter zu steigern und für die noch Abseitsstehenden, das Interesse
für diese Ausstellung zu wecken. Der Bevölkerung soll aber damit
ein Einblick in das Kunstschaffen innerhalb des Kreisgebiets gegeben
werden. Da durch freien Eintritt der Besuch dieser Ausstellung jedem
Volksgenossen ermöglicht ist, ist auf einen starken Besuch zu hoffen.
Die Ausstellung, die unter dem Motto: "Die Kunst dem Volke" steht,
ist geöffnet am Samstag nach der Eröffnung bis 20 Uhr und am Sonntag
von 9-20 Uhr.
Das Modell der Kelkheimer Ausstellungshalle
hergestellt nach dem Entwurf von Kreisbaumeister Astheimer, wird
ebenfalls auf der Ausstellung "Die Kunst dem Volke" zu sehen sein.
Aufnahme: Westenberger
[Anmerkung: Zur notdürftigen Wiedergabequalität der von einem Mikro-
film übertragenen Abbildung siehe das oben zu den drei Abbildungen
Gesagte. Es gelingt hoffentlich, bei Gelegenheit eine bessere Quelle
zu finden.
Beachte das bemerkenswerte Detail: Die Astheimersche Skizze der
Frontseite hat bereits das Hoheitszeichen, den monumentalen Adler
mit Hakenkreuz. Bei dem Modell hingegen ist der Adler (noch) nicht
installiert. Das, was zu sehen ist, ist nicht zu identifizieren. Es
könnte das neue dreigeteilte Stadtwappen sein, vielleicht aber
auch die Halterung für den Modelladler.
Immerhin: Auf einem ebenfalls vorliegenden "goldenen" Aufkleber hat
die Frontseite den Adler samt Hakenkreuz.]
«« ←
Textvergleich(e): 4 (2.4.2017, 10.6.2017)
{*1}
{*2} Ernst Schmeiser (siehe oben)
=======================+=======================
HK, Samstag, 18. Juni 1938, S. 4
→ »»
Neue Straßenbezeichnungen
in Kelkheim
Verpflichtung der neuen Ratsherren.
[Beachte: Vertauschung der Titelreihenfolge schon im Original.]
In der letzten Sitzung wurden die neuen Ratsherren in ihr Amt
eingeführt und verpflichtet {*1}. Zu Beigeordneten sind ernannt: 1.
Ortsgruppenleiter Georg S e e b o l d [Seebold] {*2}, 2. Möbelfabrikant
Alois B e n d e r [Bender] (Hornau) {*3} und 3. Maurermeister Peter
H e r r [Herr] (Münster) {*4} und zu Ratsherren: Fabrikant Dr.
D i c h m a n n [Dichmann] {*5}, Möbelfabrikant F a b e r [Faber] {*6},
Drogist Rich. W o l f [Richard Wolf] {*7}, Schreinermeister Friedr.
S p e r z e l [Friedrich Sperzel] {*8}, Stuhlbauer Alfred G ö h l e r
[Göhler] (Kelkheim) {*9}, Stützpunktleiter M e h l e r [Mehler] {*10},
Möbelfabrikant Oskar B r ü c k n e r [Brückner] {*11} und Schreiner
Oskar L ö r c h e r [Lörcher] (Hornau) {*12} und Möbelfabrikant Anton
H e r r [Herr] {*13}, Bäckermeister Willi M o h r [Mohr] {*14} und
Ortsbauernführer Joh. K i l b [Johann Kilb] (Münster) {*15}.
Zur Vermeidung von Doppelbezeichnungen wurden folgende Aenderungen
von Straßennamen vorgenommen: Die Hornauer Straße erhält diesen Namen
auch für die bisherige Lange Straße {*16} im Stadtteil Hornau, die
Münsterer und Höchster Straße von der Hauptstraße bis zur
Niederhofheimer Gemarkungsgrenze heißen jetzt Frankfurter Straße {*17},
die Adolf=Hitler=Straße im Stadtteil Hornau erhält die Bezeichnung
Rote=Berg=Straße, da sie zu diesem Gemarkungsteil hinführt {*18},
die Staufenstraße im Stadtteil Kelkheim wird in Töpferstraße umbenannt
zur Erinnerung an das ursprüngliche Gewerbe in Kelkheim {*19}, der
Lorsbacher Weg in Gundelhardstraße {*20} und die Herrnwaldstraße im
Stadtteil Münster, die bis zur Gundelhardstraße ausgebaut werden soll,
in Münsterer Straße {*21}, so daß also auch die beiden eingemeindeten
Stadtteile in den entsprechenden Straßenbezeichnungen fortleben {*22}
[Fettdruck im Original].
«« ←
Textvergleich(e): 3 (9.12.2014, 5.6.2017, 5.8.2017)
Ortsangaben in diesem Fußnotenapparat nach der städtischen Regelung,
die von kurz nach der Stadtgründung an bis 1945 galt:
Kelkheim-Mitte = Kelkheim
Kelkheim-Süd = Münster
Kelkheim-Nord = Hornau
Straßenangaben nach den konsultierten historischen Adreßbüchern!
Beachte, daß die Straßennamen- und Nummernangaben historischer Natur
sind. Etliches läßt sich heute kaum noch zurechtdenken. Ein ver-
gleichender Stadtplan, der zumindest in etwa angenähert eine Hilfe
anbieten soll, ist geplant.
=============================================
Bürgermeister, Beigeordete, Gemeinderäte
usf. in
Kelkheim, Münster und Hornau, Stand 31.3.1938
Aufstellung nach Landratsamtsakten u.a. mit
Geburtsdatum und Pg-Angabe
siehe unter Themen
=============================================
====================================
Nachfolgende Dokumentation in Arbeit
====================================
{*1} Die Kelkheimer Chronik für das Jahr 1938 (https://www.
kelkheim.de/_data/Chronik_1938.pdf, eingesehen 4.6.2017) gibt
für den Vorgang der Einsetzung der Ratsherren Folgendes wieder,
wobei zu beachten ist, daß bei den Namen im Vergleich zum
Bericht im Höchster Kreisblatt Abweichungen bestehen.
Zunächst wird zur amtlichen, die Stadtgründung betreffenden
Anordnung des Landrats Janke gesagt:
"Die zweite Urkunde des neu gebildeten Gemeinwesens ist
eine Anordnung des Landrates des Main-Taunus-Kreises vom 25.
März 1938. Diese Anordnung wird nachstehend [...] im Wort-
laut wiedergegeben: [...]". Unter Punkt 5 heißt es dann zur
Besetzung der Posten Beigeordneter und Ratsherren: "1. Bei-
geordneter Georg Seebold, Ratsherren aus Kelkheim: Peter Faber,
A. Martin, A. Pöhler, F. Sperzel, R. Wolf, Dr. Dichmann,
aus Hornau: J. Mehler, O. Lörcher, O. Brückner, aus Münster:
J. Herr 3., J. Kilp 9. und W. Mohr."
Und zur ersten Sitzung des Gremiums lautet in der Chronik der
Bericht (weitere Berichte zu solchen Sitzungen gibt es in der
Chronik nicht):
"Am 13. Mai 1938 traten erstmals die 12 neu bestellten Rats-
herren der Stadt Kelkheim zusammen. Es wurden 6 Ratsherren aus
der ehemaligen Gemeinde Kelkheim und je 3 Ratsherren aus den
ehemaligen Gemeinden Hornau und Münster durch den kommissari-
schen [Bürgermeister, den] 1. Beigeordneten Georg Seebold ein-
geführt und vereidigt. Folgende Bürger, die wohl ausnahmslos
Parteigenossen in der NSDAP waren, wurden als Ratsherren
eingesetzt: aus Kelkheim (Peter Faber, August Martin, Alfred
Pöhler, Friedrich Sperzel, Richard Wolf und Dr. Leonhard Dich-
mann), aus Hornau (Johann Mehler, Oskar Lörcher und Oskar Brück-
ner), aus Münster (Josef Herr 3., Johann Kilp 9. und Willi
Mohr). Anschließend fand eine Beratung mit Kreisleiter Scheyer
als Beauftragter [sic] der NSDAP über die Besetzung der Bürger-
meisterstelle statt. Kreisleiter Scheyer brachte den bei der
Stadt Frankfurt am Main tätigen Stadtoberinspektor Willi Graf in
Vorschlag, dessen Ernennung zugestimmt wurde [Hervorhebungen
nicht in der Chronik, sie weisen auf Abweichungen hin]."
Kommentare zu den Abweichungen siehe in den einzelnen Fußnoten.
Zu beachten ist hierbei: Der Bericht im Höchster Kreisblatt
nennt 3 Beigeordnete und 11 Ratsherren (= 14 Personen), in der
Chronik hingegen werden gemäß der (referierten) Anordnung der
genannten Urkunde 1 Beigeordneter und 12 Ratsherren (= 13 Per-
sonen) angegeben [12 Ratsherren = 6 für Kelkheim-Mitte, je 3 für
Kelkheim-Süd = Münster und Kelkheim-Nord = Hornau].
Man beachte auch: Es ist könnte sein, daß sich vielleicht zumin-
dest bezüglich der Ratsherren Änderungen ergeben hatten, so daß
dem Bericht im Höchster Kreisblatt möglicherweise eine aktuali-
sierte Ratsherrenzusammensetzung zugrunde liegt. Wenn dem so
ist, so wäre damit allerdings in der Aufzählung des Höchster
Kreisblatts das Problem rund um die beiden zusätzlich genannten
Beigeordneten (je einer für Kelkheim-Süd und Kelkheim-Nord) und
des einen fehlenden Ratsherrn (für Kelkheim-Mitte) noch immer
ungelöst.
In der Chronikaufstellung der Stadt Kelkeim sind nach Faber die
Ratsherren August Martin und Alfred Pöhler angegeben. Aber:
a) Es gab zwei August Martin.
MTK-A 1939:
August Martin 1., Schreinermeister, Frankfurterstraße 34,
[mit Telefonangabe]
August Martin 2., Schreinermeister, Frankfurterstraße 13
MTK-A 1950:
August Martin, Schreiner, Frankfurterstraße 34
August Martin, Schreinermeister, Frankfurterstraße 13
b) Zu Alfred Pöhler siehe Fußnote "Alfred Göhler"
Eine dritte Variante wird im Adreßbuch des Maintaunuskreises von
1939 (hier MTK-A 1939) unter "Gemeindebehörden" angegeben, neben
dem Bürgermeister Willi Graf sind genannt:
Beigeordnete:
Georg Seebold [5.], 1. Beigeordneter
Peter Herr 4., 3. Beigeordneter
Ratsherren:
Oskar Brückner Josef Herr 3. Johann Mehler
Dr. Leonhard Dichmann Johann Kilp 9. Willi Mohr
Peter Faber Oskar Lörcher Friedrich Sperzel
Alfred Göhler August Martin Richard Wolf
Jetzt handelt es sich um 15 Herren, wenn man den nicht angeführ-
ten 2. Beigeordneten mitzählt. Neu ist Peter Herr 4., Josef Herr
3. ist genannt; nicht genannt ist Peter Herr 6.
Beachte: Hier wiederum "Alfred Göhler", nicht wie in der Kelk-
heimer Chronik der unauffindbare "Pöhler" (vermutlch Schreib-
fehler).
Zu Peter Herr 4. gäbe es einen möglichen Nachweis (MTK-A 1939):
Schreiner, Hornauerstraße 16
Wie auch immer: Für die Kelkheim betreffende Nazi-Erforschung
dürfte in der Diskrepanz der Besetzungsangaben womöglich ein
unerwartetes Positivum stecken, denn die Zahl der Personen mit
zumindest Nazi-Nähe erhielte so vielleicht um den einen oder
anderen Namen Zuwachs.
Interessant ist, daß damals im "Gemeindeparlament" offenbar eine
einschlägige Kontinuität herrschte. Jedenfalls läßt sich das
vermutend ableiten von der Anwesenheitsliste der zur Wiederein-
setzung des Jakob Rittgen als Bürgermeister am 27. November 1936
abgehaltenen Sitzung. Rittgens erste Amtszeit als Bürgermeister
betrug 12 Jahre, von 1925 bis 1936 einschließlich (amtliche Be-
zeichnung des Bürgermeisters während dieser 12 Jahre eigentlich:
Gemeindeschulze) (Quelle: siehe Literatur).
1. Kreisleiter Fritz Fuchs (Der Beauftragte der NSDP, Bad
Soden), Vorsitz
2. Georg Seebold 5., Beigeordneter
3. Gemeinderäte:
Friedrich Sperzel Richard Wolf
August Martin (welcher?) Hans (oder Sohn Bruno) Lindwurm
Alfred Göhler Georg Seebold 5.
Alois Bender
4. Beamter der Gemeinde Kelkheim:
Johann Stelzer
{*2} Georg Seebold 5., Landwirt, Schreinermeister, Kelkheim-Mitte,
Bahnstraße 17 (u.a. MTK-A 1939, MTK-A 1950)
{*3} Alois Bender, kaufmännischer Angestellter, Kelkheim-Nord,
Hornauerstraße 78 (MTK-A 1939, MTK-A 1950 und 1952). Im
HK-Bericht "Möbelfabrikant". Wieso?
Alois Bender ist in der Kelkheimer Chronikaufstellung und
in der MTK-Aufstellung von 1939 nicht angegeben.
{*4} Peter Herr 6., Maurermeister, Kelkheim-Süd, Zeilsheimerstraße 8
(MTK-A 1939, Achtung ebenda: Peter Herr 6., Schreiner, Kelkheim-
Mitte, Mühlstraße 10; MTK-A 1950: beide, aber ohne "6.")
Peter Herr 6. ist in der Kelkheimer Chronikaufstellung nicht
angegeben.
{*5} Dr. Leonhard Dichmann, Direktor, Kelkheim-Mitte, Gundelhardt-
straße [o. Nr.] (MTK-A 1939; MTK-A 1950: Fabrikdirektor, Mühl-
straße [o. Nr.]
Beachte: Die Gundelhardtstraße führt zur im Joch zwischen
Staufen und Lorsbacher Kopf gelegenen Landgaststätte: Gundel-
hard, ohne "t"; zur eigentlich richtigen Schreibweise des
Straßennamens siehe auch unten; die meistverbreitete Schreib-
weise scheint "dt" zu sein, so z.B. im Stadtplan des Stadt-
bauamts 1961; alle bisher eingesehenen Briefköpfe des Dr.
Leonhard Dichmann tragen nach 1945 immer noch die Angabe
Lorsbacher Weg, gelegentlich per Hand durchgestrichen und
ergänzt mit z.B. Mühlstraße, hierzu siehe andernorts das
Kapitel Dr. Leonhard Dichmann).
{*6} Peter Faber, Fabrikant, Kelkheim-Mitte, Hornauerstraße 12
(Möbelfabrik Faber & Bertz, Hornauerstraße 10). An Peter
Faber kann sich dieser Verf. nicht erinnern, wohl aber an
offenbar dessen Sohn, Gottfried, und zwar als Leiter der
oben genannten Möbelfabrik, deren Reklameschild auf dem Dach
weithin sichtbar war, zumal, von Süden gesehen, vor dem Fabrik-
gebäude ein großer Nutzgarten den Blick auf das der Stadthalle
gegenüberliegende große Gebäude aus hellbraunen Backsteinen
freihielt. Gottfried Faber heiratete (berufs- und standesgemäß)
eine Tochter aus der Schreinerei Gebrüder Kunz, Bahnstraße 8,
daher seit spätestens nach dem Krieg wohnhaft Bahnstraße 8
(Verlobungsanzeige im HK, 4.6.1938, S. 9: "Anneliese Kunz [/]
Gottfried Faber [/] Verlobte [/] Kelkheim i. Ts. [-] Pfingsten
1938"). Gottfried Faber war im Zusammenhang mit Musik in Kelk-
heim im Dritten Reich und in der Nachkriegszeit eine - offenbar
gewichtige - Erscheinung (zu Musik in der Nachkriegszeit siehe
u.a. auch Kapelle Diefenbach und Paul Braun, in Vorbereitung).
Zu Braun bzw. Kiosk Braun: "Zigarren Braun" (Zeitungen, Zeit-
schriften usw.), Bahnstraße 5, war westlich angebaut an das
Fachwerkwohngebäude des landwirtschaftlichen Anwesens Johann
Klomann (zusätzlich Schuhmacher bzw. Schuster); Braun spielte
in der Nachkriegszeit als zentrale Anlaufstelle eine nicht zu
unterschätzende Rolle für den Konsum militaristischer "Welt-
kriegsliteratur", und zwar durch den Verkauf zahlloser Flieger-,
Panzer-, U-Boot-, Landser- und ähnlicher unterstklassischer
Schundheftreihen, wobei die neuesten Hefte im Schaufenster sowie
links und rechts von Schaufenster und Ladeneingangstür (diese
rechts vom Schaufenster) in langen Auslagekästen betrachtbar
waren; Braun hatte offenbar einschlägige Erfahrung, denn Schau-
fenster, Tür und die Aushangskästen wurden nach Ladenschluß mit
Drahtgitteraufsätzen geschützt. Ganz besonders samstagnachmit-
tags und sonntags, wenn Kelkheim in die klösterliche Ruhe einge-
taucht war, sah das mehr als gespenstig aus. In seinem Kiosk
unterhielt Braun anfangs auch einen - teils einschlägigen -
Buchverleih.
Im Anschluß an Brauns Buchverleih führte dann Walter Riedel in
seinem etwa 1951/1952 eröffneten Schreibwarengeschäft, Haupt-
straße 1, einen Buchverleih in größerem Rahmen fort. Riedel bil-
dete eigentlich die Nachfolge des bereits im Dritten Reich exi-
stierenden, zentralen Buch-, Zeitschriften-, Schreibwaren- und
Bürobedarfladens des Johann (Jean) Pleines, Hauptstraße 2 (Rie-
del hatte nach dem Krieg in das Pleines-Geschäft eingeheiratet).
Zu Peter Faber beachte: Nicht zu verwechseln ist der hier ange-
gebene Peter Faber, der als Beigeordneter schon lange tätig war
(bis jetzt ist spätestens 1936 nachgewiesen), mit dem aus der
Ehe Gottfried und Annelies Faber hervorgegangenen Sohn Peter
(geb. sicherlich/wahrscheinlich zwischen 1946 und 1950, nach
persönlicher Mitteilung am 25.12.2018: 1947).
{*7} Richard Wolf, Drogist, Kelkheim-Mitte, Drogerie, Bahnstraße 17,
Wohnung: Poststraße 3 (MTK-A 1939, MTK-A 1950).
{*8} Friedrich Sperzel, Schreinermeister, Kelkheim-Mitte, Frank-
furterstraße 36 (MTK-A 1939, MTK-A 1950)
{*9} Alfred Göhler, Maschinenarbeiter, Kelkheim-Mitte, Hornauerstraße
57 (MTK-A 1939; MTK-A 1950: ebenso, aber Bahnstraße 9). Ein
"Stuhlbauer" ist das aber, wie im HK angegeben, nun nicht gera-
de. Einen "A. Pöhler" bzw. "Alfred Pöhler", wie in der Chronik
der Stadt Kelkheim für das Jahr 1938 angegeben, gibt es weder im
MTK-A 1939 noch im MTK-A 1950!?
{*10} Johann Mehler, Bahnbeamter, Kelkheim-Nord, Am Flachsland 7,
(MTK-A 1939), wird nach der Stadtgründung 1938 auch als
Stützpunktleiter geführt, überwiegend aber als Ortsgruppen-
leiter. Sehr parteirührig, wie damalige HK-Berichte über
lokale Veranstaltungen verdeutlichen. Wohnte grundsätzlich
auch noch nach 1945 in Hornau (nachgewiesen noch in den
1950er Jahren, aber nicht im MTK-A 1950, offenbar weil in-
haftiert).
{*11} Oskar Brückner, Schreiner, Kelkheim-Nord, Hornauerstraße 95
(MTK-A 1939; MTK-A 1950: Schreinermeister)
{*12} Oskar Lörcher, Schreiner, Kelkheim-Nord, Auf der Herrnmauer 14
(MTK-A 1939; MTK-A 1950: Anna [Wwe.?])
{*13} Einem Möbelfabrikanten Anton Herr, Kelkheim-Süd, konnte bis
jetzt kein Nachweis zugeordnet werden. Gemäß der Kelkheimer
Chronik aber sehr wohl ein Nachweis zu:
Josef Herr 3., Schreiner, Kelkheim-Süd, Frankfurterstraße 80
(Schreinereibetrieb: Herr & Reininger, ebenda, [Tel.]) (MTK-A
1939, MTK-A 1950)
{*14} Willy [sic ?] Mohr, Bäckermeister, Kelkheim-Süd, Schlageterplatz
3 (MTK-A 1939; MTK-A 1950: Kirchplatz 3)
{*15} Johann Kilp [sic ?] 9., Landwirt, Kelkheim-Süd, Frankfurter-
straße 141 (MTK-A 1939, Ffm-A-Kelkheim 1942; MTK-A 1950:
Margarete, Wwe., Landwirtin)
{*16} Darstellung zu frühen Straßennamen und Umbenennungen
in Vorbereitung.
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{*22}
[1938_3]
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